Regional

Wildnis wagen

Nachhaltige Entwicklung in unserer Region ist nicht nur vernünftig, sondern macht auch Spaß und bringt ganz konkrete Vorteile. Wie das funktioniert, zeigen die Mitglieder des Vereins BiNE e.V. in Eschweiler.

Ausgabe - EWV Energie- und Wasser-Versorgung GmbH - EWV Energie- und Wasser-Versorgung GmbH

Der Sitz des Vereins BiNE Arbeitsgemeinschaft Bildung für Nachhaltige Entwicklung e.V. ist in einem ganz normalen Wohngebiet in Eschweiler-Bergrath. Wer durch einen kleinen Schuppen zwischen zwei Häusern geht, steht plötzlich in einem riesigen Garten. Es eröffnet sich eine ganz andere Welt: eine Wiese mit einem kleinen Pfad, ein mit Rosen bepflanztes Tor, ein Teich und eine große Trauerweide, Apfelbäume, Birnbäume, Stangenbohnen, Ringelblumen und noch so viel mehr. Bienen summen, Vögel zwitschern, Hühner gackern. Dieser ganz besondere Garten gehört zum Zuhause von Petra Römisch, Gründerin und Schriftführerin des Vereins, der schon 2009 mit dem Thema Umweltbildung startete und sich heute vor allem um Streuobstwiesen und Permakultur kümmert.

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Hotspots für Artenvielfalt

Der Fachmann für die Streuobstwiesen ist Dr. Timo Sachsen, Vorsitzender des Vereins, Geograf, Geoökologe und zertifizierter Baumkontrolleur. „Die Streuobstwiesen sind wichtig für unsere Region, weil sie Hotspots für Artenvielfalt sind“, erklärt er. „Wir haben da unheimlich viele Pflanzen und Tiere. Außerdem liefern die Wiesen uns natürlich Lebensmittel, die wir unmittelbar vor unserer Haustür haben. Streuobstwiesen sind eine sehr alte Kulturlandschaft, die unsere Beachtung braucht, damit sie weiter existieren kann.“

Sehr beliebt in der Region ist die Mobile Obstpresse von BiNE e.V., die ihre Entstehung einem Apfelfest verdankt. Timo Sachsen berichtet: „Wir haben mal mit einer Grundschule ein Apfelfest initiiert und Wiesen beerntet, die zum damaligen Zeitpunkt wenig genutzt wurden. Das Obst lag unter den Bäumen – wir haben es eingesammelt und daraus in Handarbeit Saft gemacht.“ Die Idee kam so gut an, dass sich immer mehr Menschen beteiligten. „Irgendwann haben wir gesagt: Am besten machen wir das von A bis Z, vom Baum bis zum haltbaren Apfelsaft im Kanister.“ Seitdem können Obstliebhaber aus der Region einen Termin vereinbaren, um ihr Obst mithilfe der Mobilen Obstpresse von BiNE e.V. zu Saft zu pressen. Ob Äpfel, Birnen oder Quitten – das Obst sollte reif, möglichst frisch geerntet und nicht faul sein und eine Mindestmenge von 50 Kilogramm nicht unterschreiten. „Das hört sich viel an, aber so eine Menge bekommt man recht schnell an einem Baum zusammen“, beruhigt Timo Sachsen. Neben den Pressterminen bietet BiNE e.V. auch Termine zum Obstsammeln an. „Wer bei der Ernte hilft, kann anschließend auch Saft bekommen“, verspricht der Obstbaumwart. „Das ist immer ein schönes Erlebnis – wir sammeln gemeinschaftlich, und jeder nimmt sich am Ende noch sein Beutelchen Frischobst mit.“

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Konkrete Lösungsansätze

Der zweite Tätigkeitsschwerpunkt des Vereins ist Permakultur – aber was ist das genau? Ute Fischer, hauptberuflich Sozialarbeiterin und daneben engagiertes BiNE-Mitglied, erklärt den Zusammenhang: „Unser Thema ist ja die Nachhaltigkeit – da geht es darum, den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Und Permakultur bietet ganz konkrete Lösungen, wie man das umsetzen kann. Die drei Prinzipen dabei heißen: People Care, Earth Care, Fair Share – es geht also darum, für die Erde sowie für die Menschen zu sorgen und Erträge fair zu teilen.“ Petra Römisch stimmt zu: „Ich kann nicht über Naturschutz nachdenken und dabei Themen wie Mobilität, Energienutzung oder Klimawandel außer Acht lassen. Permakultur ist eine weltweite Bewegung, die wirklich Mut macht, dass man etwas verändern kann.“

„Es geht bei Permakultur übrigens nicht nur um Gärten“, erklärt Ute Fischer. „Es geht um Zusammenhänge: Wie kann ich jedes Element mit seinen unterschiedlichen Funktionen umfassend und sinnvoll nutzen? Wie kann ich so leben, dass es möglichst keine negativen Konsequenzen für die Erde und für andere Menschen gibt? Dafür gibt es Prinzipien, an denen man sich orientieren und die man in Schulungen lernen kann.“ Ein Themenbereich ist die teilweise Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln, für die man sich auf natürliche Prozesse einlassen muss, die unsere Gesellschaft ausgehebelt hat. Petra Römisch gibt Beispiele: „Bin ich bereit, das zu essen, was im Garten gerade reif ist, statt auf Auberginen im Februar zu bestehen? Es ist durchaus möglich, sich in Deutschland mit Obst und Gemüse selbst zu versorgen, rund um das ganze Jahr.“ Das geht vor allem dann, wenn sich eine Gemeinschaft zusammentut. „Nachbarn in einer neuen Reihenhaussiedlung können sich zum Beispiel absprechen“, beschreibt die zertifizierte Natur- und Landschaftsführerin Petra Römisch die Idee. „Der eine pflanzt einen Apfelbaum, der früh reif ist, die andere einen, den man später ernten kann. Der dritte setzt einen Pflaumenbaum, und so weiter – so kann man gemeinsam eine große Vielfalt kreieren.“

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V.l.: Andrea Burggraef, Timo Sachsen, Petra Römisch und Ute Fischer vom Verein BiNE e.V.

Nachhaltigkeit nutzen

Die Vereinsmitglieder haben noch viele weitere Tipps, wie man eine nachhaltige Lebensweise sowohl für Mensch und Erde als auch zu seinem ganz persönlichen Vorteil einsetzen kann. Wer zum Beispiel den Rasenschnitt zum Mulchen auf dem Gemüsebeet nutzt, sorgt für eine kühlere Erde und mehr Nährstoffe und damit für besseres Pflanzenwachstum. Man muss nicht mehr so viel gießen, hacken und jäten und spart sowohl die Fahrt zum Kompostwerk als auch die zum Gartenhändler, um Dünger zu kaufen. „Wir nutzen auf diese Weise das Potenzial eines Materials, das andere nur entsorgen – und haben damit sowohl weniger Aufwand als auch weniger Kosten“, freut sich Gründungsmitglied und Diplom-Biologin Andrea Burggraef. Generell muss man nicht immer direkt jeden Rasen komplett mähen, finden die Vereinsmitglieder. „Mehr Wildnis wagen“, schlägt Timo Sachsen vor, „damit die Tiere mehr Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten in unseren Gärten finden.“ Ein weiterer Tipp spart bares Geld: „Wir müssen als Eigentümer für versiegelte Flächen Niederschlagswassergebühren bezahlen. Wenn ich die Versiegelung minimiere, zahle ich weniger Gebühren. Ich kann das Regenwasser über ein bewachsenes Dach auffangen, in einer Zisterne speichern oder in einem Teich. Und ich kann dafür sorgen, dass es in meinem Gelände versickert, indem ich zum Beispiel Parkflächen oder Vorgärten entsiegele.“

Wer mehr Tipps möchte, um seine eigene Lebensweise nachhaltiger zu gestalten, kann unterschiedlichste Kurse bei BiNE e.V. buchen – auch ganz ohne Vorwissen. Darüber hinaus gibt es viele Möglichkeiten, einfach mal selbst mitzumachen. „Wir suchen immer Leute, die Lust haben, sich an der Pflege der Obstwiesen oder an der Ernte zu beteiligen“, lädt Timo Sachsen ein. Auch an der Obstpresse, beim Baumschnitt, beim Anlegen von Blühwiesen, beim Bau von Zäunen oder Ställen oder in der Verwaltungsarbeit des Vereins – über helfende Hände freuen sich die BiNE-Mitglieder immer.

Alle Termine und viele weitere Infos gibt es auf der Website unter https://bine-ev.jimdo.com

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