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Skaten im Paradies

Speedskaten

Fröhliches Gelächter hallt über den großen Parkplatz bei Eschweiler, ganz in der Nähe des Blausteinsees. Das „Team Speedskater“ trifft sich zum Training und freut sich, dass sich die Sonne gegen die Wolken durchgesetzt hat. „Regen haben wir nicht so gerne“, erklärt Manfred Lennartz. „Da müssen wir dann die Schuhe und die Kugellager der Inlineskates immer so lange saubermachen, damit das nicht rostet.“

Die Speedskater gehören zum Sportverein Germania Dürwiß e. V. und haben gemeinsam mit dem Rollsportclub Aachen e. V. eine Renngemeinschaft gebildet: das Euregio Speedteam. „Eigentlich ist Skaten ja ein Individualsport“, erklärt Abteilungsleiter Manfred Lennartz. „Aber in der Gruppe macht es einfach mehr Spaß. Außerdem können wir gemeinsam bessere Erfolge erzielen und sie miteinander teilen.“ Insgesamt gehören zwölf Sportlerinnen und Sportler zur Renngemeinschaft. Neun von ihnen sind heute zusammengekommen und fangen auch direkt mit dem Aufwärmtraining an, noch ohne Rollen an den Füßen. Erst nach einigen Übungen in der Hocke – schon beim Zusehen brennen einem die Oberschenkel – ziehen sie sich die Skates an.

Skateschuhe

Schuhe im Backofen

Und dabei fällt gleich auf: Sie sehen anders aus als die Inlineskates, die man sonst so kennt. Eher wie altmodische Turnschuhe auf Rollen. „Ja, das ist halb so viel Schuh für doppelt so viel Geld“, lacht Trainer Dietmar Heidingsfeld. Allzu günstige Schuhe empfehlen die Speedskater nicht: „Da tun einem schnell die Füße weh“, warnt Manfred Lennartz. „Es ist schon wichtig, dass man zum Beispiel die Schiene verstellen kann. Denn wenn im Laufe eines Rennens die Kraft etwas nachlässt, kippt man mit dem Fuß nach innen. Wir als Wettkampfskater wirken dem entgegen, indem wir die Schiene ein bisschen nach innen stellen.“ Gemütlich sind die Schuhe übrigens nicht gerade, fügt er noch hinzu. „Sie sind aus Carbon und hitzeverformbar. Zur perfekten Anpassung steckt man sie deshalb bei 90 Grad für zehn Minuten in den Backofen. Dann muss man ein bisschen hart sein und mit den Füßen in die warmen Schuhe hineingehen und sie anbinden. So passt sich das Material den Füßen an.“ Für Kinder sind aber zum Beispiel auch Inliner mit verstellbarer Größe denkbar.

Seit 2007 gibt es den Verein, der am liebsten rund um den Blausteinsee trainiert. Manfred Lennartz ist von Anfang an dabei gewesen. „Das fing schon Anfang der 2000er an“, erinnert er sich, „da sind wir mit einer ganz lockeren Gruppe immer ein bisschen am Blausteinsee gefahren. Dann wurde es ambitionierter – wir haben Wettkämpfe gemacht, sind Marathon gefahren. Irgendwann haben wir einen Verein gegründet, um an Meisterschaften teilnehmen zu können. Dazu braucht man eine Lizenz.“ Was ist für ihn der besondere Reiz am Speedskaten? „Man kommt schön weit rund. Und es macht einfach Spaß“, strahlt er. „Mit dem Blausteinsee haben wir hier wirklich ein Paradies, um das uns viele Skater aus anderen Städten beneiden.“ Es stehen unterschiedlich lange Strecken zur Wahl: Zum einen die „berühmt-berüchtigte Blausteinsee-Runde“, wie die Speedskater sie nennen, die etwas mehr als 10 Kilometer lang ist. „Dafür brauchen wir knapp 20 Minuten“, sagt Manfred Lennartz, „und das fahren wir an einem normalen Trainingstag drei Mal.“ Zum anderen gibt es aber auch Streckenvarianten, mit denen bis zu 13 Kilometer Trainingsdistanz möglich sind.

 

Speedskater Blausteinsee

Keine Altersgrenze

Im Wettbewerb geht es beim Speedskaten dann natürlich um Geschwindigkeit. Von Bahnrennen mit einem 100-Meter-Sprint bis zu Straßenrennen als Doppelmarathon – also zwei Mal 42 Kilometer.

Manfred Lennartz erinnert sich gern an seine Bestzeit zurück, die er beim Mittelrhein-Marathon erreicht hat. „Damals ging’s von Oberwesel bis ans Deutsche Eck. Für die 42 Kilometer habe ich eine Stunde und 18 Minuten gebraucht. Unser Abräumer auf dem Podium ist aber Friedel Dickmeis. Er ist über 70 und damit gut 15 Jahre älter als ich – aber ich muss mich schon anstrengen, hinter ihm her zu fahren.“ Friedel Dickmeis lächelt bescheiden und lenkt mit einigen Scherzen von der Bewunderung seines Vereinskameraden ab. Dass er aktueller NRW-Landesmeister für die Marathondistanz ist und auch schon auf den Titel „Deutscher Meister der Altersklasse 65“ zurückblicken kann, bringt er nicht groß zur Sprache. Seine Erfolge machen aber deutlich: Eine Altersgrenze fürs Speedskaten gibt es nicht wirklich, weder nach unten noch nach oben. Inlineskaten ist gelenkschonend, weil man gleitet und keinen Aufprall hat, wie beispielsweise beim Laufen. Aber ist der Sport verletzungsintensiv? „Wenn man nicht fällt, verletzt man sich nicht“, schmunzelt Manfred Lennartz. „Aber natürlich kommt das vor. Schlaglöcher oder Gegenstände auf dem Boden sind schlecht, wenn man wettkampfmäßig mit 30 Stundenkilometern unterwegs ist.“ Deswegen trainieren die Speedskater auch ihre Technik, indem sie Slalom um kleine Pylonen herumfahren, das Abbremsen oder Drehungen üben und beim Fahren auf einem Bein ihr Gleichgewicht schulen. Und selbstverständlich ist ein Helm grundsätzlich Pflicht. Darüber hinaus verhindern Hand-, Knie- und Ellenbogenschoner Schlimmeres. Auch für den gefürchteten Sturz auf den Steiß gibt es sogenannte „Crash-Hosen“, die entsprechend gepolstert sind.

Ziel: Special Olympics

Einer der beliebtesten Wettkämpfe beim „Team Speedskater Blausteinsee“ sind die „10 km von Dürwiß“, die üblicherweise am ersten Samstag im August stattfinden, mit integriertem Inline-Rennen. „Wer zuschauen möchte, ist herzlich willkommen“, lädt Manfred Lennartz ein. „Und natürlich kann man auch mitfahren, wenn man sich rechtzeitig anmeldet. Das ist ein richtiges Highlight hier bei uns.“ Auf einen Wettkampf der ganz besonderen Art bereitet sich Kim Heinrichs vor, die beim heutigen Training konzentriert und gewissenhaft ihre Runden dreht. Sie arbeitet auf die Special Olympics World Games hin, die vom 17. bis 25. Juni in Berlin stattfinden. Kennengelernt hat Kim das Speedskaten über eine AG der Christophorus-Schule in Düren, die sie besucht – eine Förderschule für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung. Dietmar Heidingsfeld und Friedel Dickmeis unterstützen die AG als Trainer, und auch heute gibt Dietmar Heidingsfeld seinem Schützling Kim einige Tipps. „Einmal in der Woche trainiere ich die Schülerinnen und Schüler der AG“, erzählt er, „und zu Wettkämpfen fahre ich auch mit. Das ist schon eine besondere und sehr schöne Aufgabe.“

Es muss ja nicht direkt olympisch werden – aber wer Lust hat, das Speedskaten einmal auszuprobieren, ist zum Training herzlich willkommen. In den Sommermonaten trifft man die Speedskater immer dienstags und donnerstags gegen 18 Uhr sowie samstags ab 14 Uhr auf dem Parkplatz am Blausteinsee in Eschweiler-Dürwiß. Braucht man dafür Vorkenntnisse? „Nicht nötig“, sagt Manfred Lennartz. „Aber Skates braucht man, und eine komplette Schutzausrüstung. Und dann fangen wir an.“

Team Speedskater Blausteinsee/SV Germania Dürwiß:
www.team-speedskater-blausteinsee.de

Weitere Infos zum Speedskaten finden Sie auf der Website des Rollsport und Inline-Verbands NRW e.V. unter www.inlinespeedskaten.info

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