Lange Tradition mit lebendiger Vielfalt: Der Instrumental-Verein Herbach 1895 e. V.
Jung und Alt musizieren gemeinsam und bereichern die Veranstaltungen in der Region
Das ehemalige Schulgebäude und heutige Bürgerhaus in Herzogenrath-Merkstein hat seine Geschichte, das zeigen schon die ausgetretenen Treppenstufen auf dem Weg in den ersten Stock. Gleichzeitig steckt das Haus voller Leben – zum Beispiel wegen des Instrumental-Vereins Herbach 1895 e. V., der hier seine Vereinsräume hat. Geschäftsführerin Bettina Schwarz präsentiert das Vereinsheim mit Energie und viel Freude. „Im Jahr 2026 werde ich 50 Jahre Mitglied der Herbacher sein“, erklärt sie stolz.
Aus allen Zimmern klingt Musik. Man hört eine Tuba, eine Querflöte und eine Klarinette, Melodien von „Hänschen klein“ bis zu „Freude schöner Götterfunken“: Es finden parallel mehrere Einzelstunden mit professionellen Lehrkräften statt, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. „Der Verein übernimmt die Organisation, stellt Räume und Unterrichtsmaterial“, erklärt Bettina Schwarz. „Außerdem leihen wir den Anfängerinnen und Anfängern bei Bedarf auch das Instrument.“
Am Ende des Flurs befindet sich ein mittelgroßer Saal, der sich nach und nach mit zahlreichen Musikerinnen und Musikern füllt – von jung bis alt, alle Altersgruppen sind vertreten. Sie haben ihre Instrumente dabei – von der Blockflöte bis zur Tuba, von der Klarinette bis zum Saxophon. „Zurzeit besteht das Orchester aus 45 erwachsenen Mitgliedern und elf Mitgliedern bis achtzehn Jahre“, erklärt Bettina Schwarz. „Alle spielen entweder ein Schlaginstrument oder ein Blech- bzw. Holzblasinstrument.“ Das Nachwuchsorchester trifft sich zur wöchentlichen Probe mit dem musikalischen Leiter André Rund. Hier spielen Kinder, Jugendliche und auch erwachsene Einsteiger zusammen mit einigen erfahreneren Musikerinnen und Musikern. Darunter ist auch Ann-Sophie Schwarz, die Tochter der Geschäftsführerin, die ebenfalls schon seit vielen Jahren Mitglied im Verein ist.
Die Probe startet – und wer Marschmusik erwartet hat, darf sich überraschen lassen: „The lion sleeps tonight“ ist das erste Lied, es wird „Fireworks“ von Katy Perry geübt und schließlich auch „Mackie Messer“ aus der Dreigroschenoper. Ann-Sophie sitzt mit ihrem Waldhorn neben Alinor, die zehn Jahre alt ist und noch gar nicht so lange Tenorhorn spielt. Sie ist dankbar, wenn Ann-Sophie ihr zwischendurch zeigt, wo in den Noten die Stelle zu finden ist, bei der das Orchester neu ansetzen soll. Es ist ganz selbstverständlich: Hier hilft man einander.
Jeder darf mal ausprobieren
Klassik, Polkas, moderne Stücke, Rock und Pop gehören zu der großen Bandbreite des Orchester-Repertoires, und natürlich darf auch der Marsch nicht fehlen. Die Auswahl der Stücke findet in einem Musikrat statt, in dem Mitglieder aus allen Altersklassen sich mit den Dirigenten austauschen – deshalb ist von allem etwas dabei. Bettina Schwarz schmunzelt: „Bei einem Blasorchester denken viele an ‚Hum-Ta-Ta‘, aber bei uns ist es deutlich vielfältiger.“ Das zeigt sich auch in der Altersstruktur: Das älteste Mitglied des Vereins ist 85 Jahre alt und wird bald für 75 Jahre Mitgliedschaft geehrt. Die jüngsten heißen Mara und Neele. Die Zwillinge sind sieben und spielen
seit etwas mehr als einem Jahr Blockflöte. Und wofür wird geprobt? Für Konzerte natürlich.
Die Herbacher finanzieren sich hauptsächlich über Veranstaltungen wie Schützenfeste, kirchliche Feste, Stadtkonzerte, Weinfeste und Karnevals-Events. Darüber hinaus gibt es auch Konzerte, die der Verein zum Teil seit Jahrzehnten jährlich selbst organisiert. Ein Herbstkonzert beispielsweise und ein Familienkonzert im Frühjahr, das allen Interessierten offensteht und nach dem die Gäste die Instrumente selbst ausprobieren können. Am zweiten Weihnachtsfeiertag steht das Stiftungsfest an, der „Geburtstag“ des Vereins. Nach einer morgendlichen Messe in St. Thekla gibt es einen musikalischen Frühschoppen im Bürgerhaus. „Alle dürfen mit uns feiern“, freuen sich Ann-Sophie und Bettina Schwarz auf das Zusammensein. „Natürlich kommen aktive und inaktive Mitglieder, ihre Familien sind eingeladen, und jeder, der mal schnuppern möchte, ist willkommen.“
Orchester mit Herz
Was erwartet Interessierte, die den Instrumental-Verein Herbach mal erleben möchten? „Wir sind sehr familiär unterwegs“, beschreibt Bettina Schwarz die Besonderheit des Vereins. „Wir leben ein intensives Vereinsleben mit Familienanbindung – unser Motto ‚Orchester mit Herz‘ schließt alle mit ein.“ Das bestätigt ihre Tochter Ann-Sophie voller Überzeugung. „Ich stehe für die dritte Generation in unserer Familie, die in diesem Verein aktiv ist …“, sagt sie, und wird von ihrer Mutter liebevoll korrigiert: „… es ist schon die vierte. Mein Großvater war dabei, mein Vater, dann ich und jetzt du.“ Ann-Sophie lacht: „Stimmt. Und so wie uns geht es einigen Mitgliedern – viele Verwandte und Freunde sind zusammen im Verein. Ich bin 28 Jahre alt und wurde sozusagen hineingeboren. Die Herbacher sind für mich wie eine zweite Familie. Wir sind nicht nur Musik-Kolleginnen und -Kollegen, sondern wir treffen uns auch darüber hinaus – bei Vereinsfahrten, bei Festen mit den Familien der Mitglieder, bei Hochzeiten und Geburtstagen... Wir legen viel Wert darauf, dass alle einander kennenlernen und dass gute Beziehungen entstehen.“ Darin ist sich der gesamte Vorstand einig und engagiert sich mit ganzem Herzen für das Fortbestehen des Vereins. Denn dass ein so aktives Vereinsleben nicht selbstverständlich ist, wissen alle genau. „Gerade in der heutigen Zeit hat sich die Freizeitgestaltung verändert“, sagt die Geschäftsführerin nachdenklich. „Wir sind stolz darauf, dass wir eine starke junge Gruppe in unserem Verein haben, die das Orchester ganz wesentlich mitträgt.
Das macht Hoffnung für die Zukunft.“
Auch das ist eine Besonderheit der Herbacher: Sie blicken mit fast 130 Jahren Vereinsgeschichte auf eine sehr lange Tradition zurück und freuen sich auch heute noch über ein aktives Vereinsleben mit Mitgliedern aus allen Altersklassen. „Die Generationen vor uns haben das sehr gepflegt“, betont Bettina Schwarz, „und uns ist es mit viel Herzblut gelungen, den Geist des Vereins fortzuführen.“ Natürlich würden sich alle Musikerinnen und Musiker im Verein sehr über weitere Mitglieder freuen – vor allem aus Herbach: Seit vielen Jahren gibt es aus dem Ursprungsort des Vereins kein aktives Mitglied mehr.
Eine Leidenschaft, die verbindet
Nach der Probe des Nachwuchsorchesters kommen nach und nach die Mitglieder des großen Orchesters an, begrüßen einander fröhlich und packen ihre Instrumente aus. Auch Dirigent Willi Beckers trifft ein. Er ist schon seit 25 Jahren dabei und findet, dass es vor allem drei Dinge sind, die den Instrumental-Verein Herbach auszeichnen: „Die familiären Strukturen,die das Ganze tragen“, unterstreicht er die Einschätzung von Bettina und Ann-Sophie Schwarz, „außerdem die große Hilfsbereitschaft – und natürlich die Liebe zur Musik. Musik ist ein Hobby, das man bis ins hohe Alter betreiben kann. Eine gemeinsame Leidenschaft, die verbindet.“
Die Probe des großen Orchesters beginnt. Ann-Sophie Schwarz ist mit ihrem Waldhorn dabei, ihre Mutter hat die Klarinette ausgepackt – die Vereinsmitglieder spielen gemeinsam die ersten Noten. Der harmonische Klang geht direkt ins Herz und zeigt, dass hier erfahrene Musikerinnen und Musiker gemeinsam musizieren. Fast noch beeindruckender ist das vertraute Zusammenspiel der vielen ganz unterschiedlichen Menschen, die hier in ihrem Verein zusammenkommen und alle gemeinsam hoffen, dass das noch lange so bleiben kann. Denn neben den schönen gemeinsamen Erlebnissen schweißt sie auch die bange Frage zusammen, ob das Bürgerhaus für die Vereine erhalten bleiben kann. Man kann es nur mit ihnen hoffen, denn der Besuch beim Instrumental-Verein Herbach 1895 e.V. hat gezeigt: Es lohnt sich, Traditionen wie diese zu erhalten. Sie stiften Gemeinschaft, Austausch und richtig schöne Musik.
Instrumental-Verein Herbach
Vereinsheim: Bürgerhaus Merkstein
Comeniusstraße 7
52134 Herzogenrath
www.instrumental-verein-herbach.de
Telefon: 02451 43644
vorstand@instrumental-verein-herbach.de
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